WAS IST EBRU KUNST? ... MATERIALIEN

Eine uralte traditionelle Kunst des Malens auf dem Wasser

Ebru Kunst ist eine uralte Kunst, deren Ursprung im ostasiatischen Raum liegt. In Japan sind Marmorpapiere seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar. Nach Japan kam diese Kunst in Zentralasien bei den Turkvölkern. In Istanbul gelangte sie im 16. Jahrhundert zu voller Blüte. Heute können nur noch wenige Künstler diese traditionellen Techniken anwenden. Die Ebru Künstlerin Arzu Adak ist eine der wenigen, die diese Kunst noch beherrschen. Wenn man Arzu Adak zuschaut, wie sie umgeben von zahlreichen Farbtöpfen und speziellen Pinseln Blatt fr Blatt einzigartige wunderbare Formen und Blüten auf das Wasser zaubert, spürt man die meditative Wirkung dieser alten Kunst. Aus diesem Grund wird es auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Für das Ebru-Malen werden sehr spezielle Materialien verwendet. Sowohl die Farben und Werkzeuge als auch die "Leinwand" werden in der Regel von den Ebru-Meistern von Hand hergestellt. Das Bild entsteht auf einer etwas dickflüssigen Zusammensetzung aus Wasser und Traganth (oder Carrageen-Moos). Es werden reine natürliche Farben (Pigmente oder Erdfarben) verwendet. Die Farben halten sich dank der "Ochsengalle" auf der Wasseroberfläche. Die "Ochsengalle" sorgt außerdem noch dafür, dass sich die Farben untereinander nicht vermischen. Wenn das gewünschte Bild fertig ist, wird vorsichtig ein Blatt auf das Bild gelegt und in wenigen Sekunden überträgt sich das Bild auf das Blatt. Es ist einfach faszinierend. Auf dieser Homepage "www.arzuadak.de" befinden sich einige Bilder von der Ebru Künstlerin Arzu Adak. Jedes Bild ist ein Unikat. Bei Ebru ist es nicht möglich, das gleiche Bild wieder zu malen. "Ebru" bedeutet soviel wie "Wolke" und beschreibt unterm Strich den Tanz der Farben auf dem Wasser. Das Ebru-Wasser wird mehrere Tage vor dem Malen bereits hergestellt. Es wird durch ein Textilsieb gefiltert, bevor es verwendet wird. Das Behältnis, in dem sich das Wasser befindet, ist in der Regel aus rostfreiem Metall, traditionell aber auch aus dem Holz der Pinie gefertigt. Als Werkzeuge werden Pinsel verwendet, die von den Ebru-Meistern aus den Schwanzhaaren von Pferden hergestellt und um Stiele aus Rosenholz gebunden werden. Die Kämme und Nadeln, die zum Malen verwendet werden, bestehen aus Metall oder Glass. Selbstverständlich hat jeder erfahrene Ebru-Meister seine eigenen Mischungen und Geheimnisse, die höchstens an seine Schüler weitergibt. Die Grundlage eines Ebru-Kunstwerkes bildet der marmorierte Hintergrund. Die verschiedenen Farben werden mittels der Rosenholz-Pinsel in Form von feinen und feinsten Spritzern auf das Wasser gebracht.

Ebru Kunst = Der Tanz der Farben auf dem Wasser

Als Reinhold Lubenau, ein Reisender des 16. Jahrhunderts, zwischen 1586 und 1589 Istanbul besucht, macht er folgende Notiz:
„… gink ich täglich herumb, kaufte das allerschönste turckische Papir, so zu finden war, item Kruglein von Terra Lemnia oder Cigillata, Lapides Bezoar, Balsamum Verum, Zahnsturer von den Mehrschildkröten, schone Turkosen, Rubinen, schonen Perlenmutter Schalen, so zu Trinkgeschir dinlich, allerlei schone Muscheln, so von Maroco und aus Egipten dahin bracht werden, und was ich sonsten frembder Sachen bekomen kunt ...“

Lubenau war es auch, der die Bezeichnung „Türkisches Papier“ einführte. So gelangte auch das Herstellungsverfahren nach Europa. Erste schriftliche Hinweise finden wir allerdings erst
gut sechzig Jahre später im Nachlass von Daniel Schwenter. Sein Marmorier-Rezept wurde 1651 von Georg Philipp Harsdörffer veröffentlicht: „Türkisches Papyr zu machen und zu figuriren: Gummi dragacanthinum drey Tage in reinem Wasser geweicht daß es ein weisser Safft / noch zu dick noch zu dünn wird… Es erfordert diese Art zimblich Fleiß, und eine hurtige Hand / daß man gleich aus dem Hirn vielerley Sachen geschwind auf dem Wasser formieren könne / dann es nicht langen Verzug leiden will / es falen sonsten die Farben zu grund oder boden / die Erfahrung weiset den Handgrieff / ist soviel als Spiritus ini.“

Das glänzende Papier mit wellenförmigen oder marmorierten Zeichnungen, welches unter dem Namen des türkischen Papiers bekannt ist, und in großer Menge verbraucht wird, wird nicht bemalt, nicht mit Formen bedruckt, sondern es wird auf eine Weise verfertigt, die man kaum für möglich halten sollte und die, wie ich vermute, einst noch eine viel vorteilhaftere Anwendung erhalten wird“, schreibt Johann Beckmann 1782  in den „Beyträgen zur Geschichte der Erfindungen“, die 1782 in Leipzig veröffentlicht wurden“.

Die „Öconomische Encyclopaedie“ von 1773 erklärt den Vorgang der Ebru-Malerei detaillierter: „Türkisches Papier nennt man ein bunt marmoriertes Papier, wozu die Farben mit Eiweiß, Ochsen- oder Fischgalle angerieben und mit Branntwein verdünnt werden. Das Papier dazu wird mit Leimwasser geleimt, als dann nimmt man Gummitragant, löst ihn in reinem Wasser auf, seiht die Flüssigkeit durch und gießt sie in einen viereckigen Kasten von der Größe des Papierbogens. Auf diese Flüssigkeit tröpfelt man die erwähnten Farben und rührt die Farbentropfen mit einer Art Kamm untereinander, indem die Galle verhindert, dass die Farben nicht ganz zusammenfließen. Alsdann legt man den Papierbogen darauf und drückt ihn mit der Hand etwas an, wodurch er die Farbe annimmt. Das herausgenommene und getrocknete Papier wird zuletzt geglättet.“

So also wird – ganz nüchtern betrachtet – die Ebru-Malerei hergestellt.
Und diese Beschreibung kann bis heute als gültig gelten, auch wenn jeder Ebru-Maler seine persönliche Technik geheim hält und besondere Zutaten benutzt. Ebru ist also zuallererst
eine kunstgewerbliche Angelegenheit und – eine Mode.

Die Kunst des Ebru ist geheimnisumwittert, denn die Herstellung der Kunstwerke ist schwierig und viele Künstler halten ihre Technik, ihre Mischung für die Wanne und die Farben verborgen. Fast jeder Ebru-Maler verfügt über eine persönliche Technik. Natürlich will kaum jemand seine Technik preisgeben, und man kann sagen, dass jeder seine eigenen besonderen Zutaten benützt.
Sogar hinsichtlich der Marmormuster hat jeder Kunsthandwerker komplizierte eigenständige Marmoriermotive, sodass die Ebru-Malerei allen Raum für künstlerische Individualität lässt.

Das komplexe Herstellungsverfahren des marmorierten Papiers eignet sich ideal als meditative Versenkung, wie sie vor allem in den Sufi - Gemeinschaften des Osmanischen Reiches geübt wurde. Der Sufismus – übersetzbar als „Gemeinschaft mit Gott“ – setzt im
Gegensatz zu anderen islamischen Traditionen auf künstlerische Ausdrucksformen. Während andere theologische Linien des Islam jede Kunst, vor allem aber Musik, Tanz und darstellende Malerei in Berufung auf den Koran ablehnen, nutzt der Sufismus solche Ausdrucksmittel zur spirituellen Übung. Der wirbelnde „Tanz“ der Derwische gehört ebenso dazu wie die Ebru-Malerei. Wobei dem theologischen Aspekt zugutekommt, dass Ebru im Prinzip eine abstrakte Malerei ist und das Ornament wichtiger nimmt als den Gegenstand. Wenn überhaupt Gegenständliches auftaucht, dann sind es Blüten, denen man wie den verwendeten Farben durchaus auch metaphorische Bedeutungen gibt. Dabei geht es immer um die Fragen der Unendlichkeit, der Weisheit und um das Verhältnis von Schöpfung und Mensch. Wir würden diese Ausdrucksmittel mit unserem westlichen Kunstverständnis missverstehen, wenn wir den tiefreligiösen Versenkungsaspekt nicht beachteten. Und so ist
jede „Aufführung“ einer solchen Meditation immer eine Gratwanderung – für die Ausführenden ist sie ein spiritueller Akt, für uns Zuschauer ein Kunststück, für das wir Eintritt bezahlen. Andererseits kommen gerade so die verschiedenen Seiten des Kunstverständnisses jeweils auf ihre Art und Weise zueinander und können voneinander lernen… (Thomas Höft)

Meditation mit der Ebru-Malerei

Der Ebru-Malerei kommt auch in der spirituellen Gemeinschaft des Islams eine Rolle zu. In den Sufigemeinschaften des Osmanischen Reiches wurde das komplexe Herstellungsverfahren des marmorierten Papiers als ideale meditative Versenkung geübt. Der Sufismus – übersetzbar als „Gemeinschaft mit Gott“ – setzt auf künstlerische Ausdrucksformen. Sogar den Motiven bzw. den Marmormustern, die hauptsächlich aus Blüten bestehen, kann man wie den verwendeten Farben durchaus auch metaphorische Bedeutungen zuweisen. Dabei werden immer die Fragen der Unendlichkeit, der Weisheit und das Verhältnis von Schöpfung und Mensch berührt.

Die Kunst der Ebru-Malerei vereint Menschen aus den verschiedensten Kulturen und Hintergründen und vermittelt zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Es ist nicht nur ein beruhigender Vorgang für den Künstler, sondern auch für die Kunstliebenden.

...::: Arzu Adak - Ebru Sanati :::...

GRUNDLAGEN UND MATERIALIEN

Für das Ebru-Malen werden sehr spezielle Materialien verwendet. Sowohl die Farben und Werkzeuge als auch die „Leinwand“ werden in der Regel von den Ebru-Meistern von Hand hergestellt. Insofern kann man sagen, dass auch das Erzeugen der Grundmaterialien und Werkzeuge bereits zur Ebru-Kunst gehören. Je besser und qualitativer die Ausgangsmaterialien, desto kunstvoller kann der Ebru-Maler arbeiten, und desto schöner werden die Ergebnisse.

Die Farben werden auf mineralischer und pflanzlicher Basis erzeugt. Öl- und Anelin-basierte Farben werden nicht verwendet, da sich diese entweder mit dem Wasser vermischen, nicht auf der Wasseroberfläche bleiben, oder sich nicht auf das Papier übertragen lassen. Die Substanzen, aus denen die Farben bestehen, werden sehr fein gemalt, damit die Farben auf dem Wasser schwimmen und nicht untergehen.

Das Wasser, auf dem gemalt wird, enthält eine Substanz auf der Basis von Gummi, um die für die Malerei notwendige Viskosität zu erreichen. Darüber hinaus wird dieser „flüssigen Leinwand“ Ochsengalle zugesetzt. Die darin enthaltene Säure sorgt dafür, dass sich die Farbe auf der Wasseroberfläche ausbreiten kann. Die Menge der verwendeten Galle hängt davon ab, wie stark und dunkel die Farben sind.

Das Ebru-Wasser wird mehrere Tage vor dem Malen bereits hergestellt. Es wird durch ein Textilsieb gefiltert, bevor es verwendet wird. Falls nötig, kann noch etwas Wasser hinzu geführt werden.

Das Behältnis, in dem sich das Wasser befindet, ist in der Regel aus rostfreiem Metall, traditionell aber auch aus dem Holz der Pinie gefertigt. Es weißt eine Tiefe von 3 bis 6 cm auf und variiert in der Größe je nach der Größe der zu marmorierenden Papiere.

Als Werkzeuge werden Pinsel verwendet, die von den Ebru-Meistern aus den Schwanzhaaren von Pferden hergestellt und um Stiele aus Rosenholz gebunden werden. Die Kämme und Nadeln, die zum Malen verwendet werden, bestehen aus Metall oder Glass. Selbstverständlich hat jeder erfahrene Ebru-Meister seine eigenen Mischungen und Geheimnisse, die höchstens an seine Schüler weitergibt.

Die Grundlage eines Ebru-Kunstwerkes bildet der marmorierte Hintergrund. Die verschiedenen Farben werden mittels der Rosenholz-Pinsel in Form von feinen und feinsten Spritzern auf das Wasser gebracht. Welche Farben in welcher Menge verwendet werden, hängt vom gewünschten Ergebnis ab. Die Größen der Fläche, auf der sich die Farben ausbreiten, hängt davon ab, wie viel Galle in der Wassermischung enthalten ist.

Nun werden Kämme und Nadeln in verschiedenen Stärken verwendet, und die marmorierten Hintergründe zu erstellen. Für die unterschiedlichen Techniken und Strukturen gibt es Namen, die ein Ebru-Maler kennen und ausführen muss, wenn er sich wirklich Meister nennen möchte.

Nach der Erstellung der Marmorierung können nun noch Objekte wie Blumen gemalt werden. Hierzu werden die Farben in Form einzelner Tropfen auf das Wasser aufgebracht. Durch das Aufeinanderlegen verschiedener Farben und das Malen mit den Nadeln können die die kunstvollsten Formen erstellt werden Auch hier kann wiederum Galle verwendet werden. Hier nun, um die anderen Farben zu verdrängen.

Bei der Malerei fällt sofort der bereits geschilderte Effekt auf, dass sich die Farben nicht mischen. So entstehen je nach Kunstfertigkeit des Malers feinste Strukturen, die man mit einem Pinsel kaum herstellen kann.

Nachdem das Kunstwerk fertiggestellt ist, kommt der schwierigste Teil des Malens. Das Kunstwerk muss auf Papier übertragen werden.

Hierzu wird das Papier sehr vorsichtig auf die Wasseroberfläche gelegt, von einer Kante des Blattes zu anderen. Wichtig ist hierbei, dass sich keine Luftblasen zwischen Papier und Wasseroberfläche bilden, da an diesen Stellen später keine Farbe auf dem Papier sein wird.

Ggf. streicht der Meister mit einem Stab die Luftblasen zur Seite hin weg.

Nach 10 bis 15 Sekunden hat das Papier in der Regel die Farbe absorbiert, das Blatt kann langsam und vorsichtig vom Wasser genommen werden.

Nun muss das Papier getrocknet werden. Bei der Wahl des Papiers ist darauf zu achten, dass dieses die Farben aufsaugt, nach dem Trocknen aber nicht zu wellig wird. Auch hier gilt, je edler das Ausgangsmaterial, desto schöner das fertige Kunstwerk.

Das Papier kann vor dem Eintauch in die Farbe mit Kaligrafien oder ähnlichem versehen werden. Auf diese Weise kombiniert man die Kunst der Ebru-Malerei mit der Kunst der Kaligrafie.